Innovationspotenziale in der europäischen Berufsbildung
Am Ende des europäischen Jahres für Kreativität und Innovation und an der Schwelle zum Jahr 2010 gehen die Beiträge in dieser Ausgabe der Frage nach, wo die Berufsbildung mit Blick auf die Erreichung der Lissabon-Ziele steht und welche innovativen Ansätze es auf europäischer Ebene gibt und nachhaltig zu fördern sind. Im Kommentar zum Heft betont Forschungsdirektor Professor Dr. Reinhold Weiß, dass sich Innovationskompetenz vor allem in der Fähigkeit zeigt, neues Wissen im Zuge der Problemlösung zu generieren, vorhandenes Wissen bei der Lösung neuer Probleme anzuwenden und Wissen unterschiedlicher Personen oder Organisationen miteinander zu ver-knüpfen. Hierbei kommt auch dem grenzüberschreitenden Wissenstransfer eine bedeutende Rolle zu. Die Ausgabe enthält weitere Beiträge, u. a. einen Positionsbeitrag zum Entwicklungs- und Diskussionsstand beim DQR, zur Situation von Weiterbildungsanbietern in Zeiten der Wirt-schaftskrise sowie eine Würdigung der Rechtsprechung des BAG zur Verlängerung des Be-rufsausbildungsverhältnisses.
Mit Blick auf den Themenschwerpunkt der Ausgabe weist BIBB Forschungsdirektor Prof. Dr. Reinhold Weiß in seinem Kommentar darauf hin, dass in der Berufsbildung Innovationen in der Regel kontinuierlich und in vielen kleinen Schritten realisiert werden. Viele Innovationen werden von Berufstätigen im Arbeitsprozess erbracht bspw. wenn es darum geht, neues Wissen im Zuge der Lösung konkreter Probleme zu generieren und dabei Erfahrungen und Kompetenzen unterschiedlicher Personen oder Organisationen miteinander zu verknüpfen. Zur gezielten Förderung von Innovationspotenzialen gilt es daher, Lernmöglichkeiten in die Arbeitsprozesse zu integrieren sowie Kommunikation und Kooperation, Freiräume und Reflexion zu unterstützen.
Mit Blick auf die Lissabon-Ziele stellt sich an der Schwelle zum Jahr 2010 die Frage, welche Fortschritte erreicht werden konnten auf dem Weg, Europa zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensgestützten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, und welche Herausforderungen in den kommenden Jahren noch zu meistern sein werden. Gleichzeitig neigt sich das Europäische Jahr der Kreativität und Innovation dem Ende, dessen Ziel es war, Kreativität als Motor für Innovation und als entscheidenden Faktor für die Entwicklung von persönlichen, beruflichen, sozialen und unternehmerischen Kompetenzen herauszustellen.
Die Europäische Union hat das Jahr 2009 zum Jahr der Kreativität und Innovation erklärt und macht damit den engen Zusammenhang zwischen der Wissensgesellschaft, Innovationsfähigkeit und internationaler Konkurrenzfähigkeit deutlich. Aber welche Anforderungen stellt der betriebliche Innovationsprozess an die Mitarbeiter/-innen im Detail? Wenn Innovationsprozesse in zunehmendem Maße arbeitsteilig ablaufen, müssen dann nicht soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit eine zentrale Rolle spielen? Der Beitrag verortet die häufig inflationär benutzten Begriffe Innovation und Kreativität in ihren wissenschaftlichen Kontexten und trägt damit zu ihrer Versachlichung bei. Zudem geht der Autor der Frage nach, auf welche Weise entsprechende Schlüsselkompetenzen in der allgemeinen und beruflichen Bildung gefördert werden können.
Hinter dem Thema Entrepreneurship Education steckt mehr als allein die Idee vom guten Gründertrainig. Die Gestaltung des individuellen Berufswegs und damit die Möglichkeit zu einer gelungenen Teilhabe am Arbeitsleben werden zunehmend komplexer. Mittlerweile stellt dies eine Herausforderung für jeden jungen Erwachsenen dar, der am Anfang seiner beruflichen Laufbahn steht. Der Beitrag führt allgemein in das Thema ein und stellt ein didaktisches Modell zur Förderung von Entrepreneurship in der beruflichen Bildung vor. Abschließend wird exemplarisch die Umsetzung des Ansatzes - vom Modellversuch der Schumpeter Handelsakademie bis auf Systemebene der Berufsausbildung -in Österreich skizziert.
In zahlreichen Anwendungskontexten innerhalb Deutschlands, Europas und der Welt, spielen informell erworbene Kompetenzen zunehmend eine Rolle, da erkannt wurde, dass sie eine bedeutende Ressource darstellen und in ihrer Anerkennung ein großes Potenzial für eine Gesellschaft steckt. Dies gilt gerade für das bisher eher an formalen Abschlüssen orientierte Bildungssystem in Deutschland. Im Beitrag werden aktuelle Entwicklungen zur Erfassung von informell erworbenen Kompetenzen beleuchtet. Ziel ist es, anhand ausgewählter Beispiele auf die Potenziale von Entwicklungs- und Transferprojekten, die mit Mitteln des EU-Programms LEONARDO DA VINCI gefördert wurden, hinzuweisen, die Impulse für die weiteren Entwicklungen in Deutschland geben können.
In der Tschechischen Republik wurde bereits im Jahr 2005 mit der Ausarbeitung eines Nationalen Qualifikationsrahmens (NQR) begonnen. Ziel war es, Arbeitgebern, Bildungseinrichtungen und allen an Aus- und Weiterbildung Interessierten verständliche Informationen über die verschiedenen Qualifikationen aus allen Teilsystemen der allgemeinen und beruflichen Bildung zu eröffnen. Der NQR ist wichtiger Bestandteil der Implementierung einer kohärenten Strategie lebenslangen Lernens, die durch zahlreiche Reformen im tschechischen Bildungswesen flankiert wird. Von besonderem Interesse ist hierbei die Anerkennung von informell erworbenen Kompetenzen, die durch ein eigens dafür geschaffenes Gesetz geregelt ist. Der folgende Beitrag beschreibt Entwicklungsschritte und Umsetzungsstand des tschechischen NQR und setzt diesen ins Verhältnis zu weiteren wichtigen Reformen des tschechischen Bildungssystems sowie dem EQR.
Das Förderprogramm LEONARDO DA VINCI unterstützt seit Jahren die europäische Zusammenarbeitin der beruflichen Aus- und Weiterbildung und trägt somit auch zur Weiterentwicklung des deutschen Berufsbildungssystems bei. Mit dem Programmschwerpunkt LEONARDO DA VINCI Mobilität wurden von 2005 bis 2007 insbesondere Auslandsaufenthalte gefördert, die dem europäischen Austausch und Transfer von innovativen Konzepten und Ansätzen zur Frühpädagogik dienten. So sollte auf die veränderten Herausforderungen in den Kindertageseinrichtungen und den daraus resultierenden Anforderungen an Erzieher/- innen in Deutschland reagiert werden. Durch die Auslandsaufenthalte von Lehrkräften und Auszubildenden entstanden Impulse für die inhaltliche und methodische Gestaltung der fachschulischen Erzieherinnenausbildung, die hier beschrieben werden.
SOLID ist ein Leonardo-da-Vinci-Innovationstransferprojekt. In Zusammenarbeit mit mehreren europäischen Bildungseinrichtungen und Universitäten entstehen Aus- und Weiterbildungsmodule für naturwissenschaftliche Berufe, die über die Internetplattform www.solidinfo. net bereitgestellt werden. Im Beitrag wird das didaktische Konzept vorgestellt, und es werden flexible Einsatzmöglichkeiten der Lernmodule skizziert.
Suchte man noch vor einigen Jahren nach einem praxistauglichen Innovationsleitfaden, der auf die Bedürfnisse kleiner und mittlerer Unternehmen zugeschnitten war, so wurde man enttäuscht. Ziel des Projekts 'InnoSupport' (2003-2005) war es, diese Lücke mit Hilfe eines Online-Praxisleitfadens zur Innovationsunterstützung zu schließen. Der unterdessen national und international erfolgreiche Leitfaden konnte dank der Unterstützung des LLL-Programms Leonardo da Vinci in Transferprojekten ('InnoSupportTransfer' 2007-2009) kontinuierlich zu einer Lern- und Arbeitsplattform weiterentwickelt werden und ist heute ein interessantes und erprobtes Angebot zum berufsbegleitenden Lernen. In diesem Beitrag werden das Konzept, die Inhalte sowie die Nutzung des Leitfadens beschrieben.
Die Literatur zum Europäischen und Deutschen Qualifikationsrahmen nimmt zu. Dies entspricht der Wichtigkeit der damit verbundenen Aufgabenstellungen, die sowohl für die reflektierende und kritisch begleitende Wissenschaft als auch für die zum Handeln aufgeforderte Politik nicht von der Hand zu weisen sind. Sie konkretisieren sich, wenn man (a) die Vorgaben des Europäischen Qualifikationsrahmens ernst nimmt und ihnen zu entsprechen versucht und (b) wenn man die 'Baustellen' des deutschen Berufsbildungssystems betrachtet, die seit Jahren existieren und ihrer 'Bearbeitung' harren. Nach den Beiträgen von FRIEDRICH HUBERT ESSER und HERMANN NEHLS in dieser Zeitschrift möchte dieser Artikel einen Beitrag zur Schärfung des berufsbildungspolitischen Problembewusstseins leisten, sich im Kontext der Entwicklung des DQR mit den ungelösten Fragen der deutschen Berufsbildung zu befassen und Lösungswege zu eröffnen.
Beruflicher Weiterbildung wird in Politik und Öffentlichkeit gerade in der aktuellen Wirtschaftskrise hohe Bedeutung zugemessen. In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, wie sich die derzeitige konjunkturelle Lage und die Förderangebote der Bundesregierung im Rahmen des Konjunkturpakets II auf die Weiterbildungsbranche auswirken. Können Weiterbildungsanbieter von der Wirtschaftskrise profitieren und gehören sie so zu den Krisengewinnern? Erkenntnisse zu dieser Frage liefert der Themenschwerpunkt 'Aktuelle Strategien zum Erfolg' der wbmonitor-Umfrage 2009, in dessen Zentrum Fragen der Marktbehauptung von Weiterbildungsanbietern standen. Die hier vorgestellten Befunde geben Einblicke, wie sich die Wirtschaftskrise auf die Marktbehauptung von Weiterbildungsanbietern auswirkt und inwiefern der Einfluss der Konjunktur auch mit einer Veränderung ihrer wirtschaftlichen Lage im Vergleich zum Vorjahr einhergeht.
Seit mehreren Jahren wird das Berufsbildungssystem in Äthiopien mit dem Ziel der verbesserten Qualität reformiert. Das äthiopische Bildungsministerium nimmt zu diesem Zweck auch deutsche Beratung durch das BIBB in Anspruch.
Mit dem Urteil vom 14.1.2009 führt das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zu einer möglichen Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses fort: Demnach verlängert sich ein Berufsausbildungsverhältnis grundsätzlich nicht bis zur erfolgreichen Ablegung der Abschlussprüfung, wenn diese erst nach Ablauf der vereinbarten Ausbildungszeit erfolgt. Ein ausführliches obiter dictum zur ergänzenden Auslegung von § 21 Abs. 1 S. 1 BBiG bei Abwesenheit einschlägiger tarifvertraglicher Regelungen wirft allerdings Fragen auf. Im Beitrag werden grundlegende BAG-Entscheidungen der letzten zehn Jahre zum Ausbildungsende und zu Anschlussbeschäftigungen zu je unterschiedlichen Fallkonstellationen gesichtet. Auf dieser Grundlage werden offene Fragen mit Blick auf eine möglichst sichere Rechtsanwendung in der Praxis erörtert.