Internationale Vergleichsstudien belegen immer wieder die Selektivität des allgemeinbildenden Schulsystems in Deutschland. Doch wie sieht es in der beruflichen Bildung aus? Gelingt es hier, das System für unterschiedliche Adressatengruppen mit je spezifischen Kompetenzen und Interessen zu öffnen und sie ressourcenorientiert und bedarfsgerecht zu fördern? In dieser Ausgabe geht es um die Frage, wie es um die Integrationskraft des Berufsbildungssystems in sozialer und ökonomischer Hinsicht bestellt ist und diese gestärkt werden kann. BIBB-Präsident Manfred Kremer hebt im Editorial zu dieser Ausgabe hervor, dass die Anerkennung von Vielfalt ein Gewinn für alle ist und fordert, die Vorteile der Vielfalt sowohl im allgemeinen Schulwesen als auch in der Berufsbildung besser zu erschließen. Weitere Beiträge im Heft befassen sich mit der neuen Klassifikation der Berufe (KldB 2010), der Strukturierung von Ausbildungsberufen sowie den Erfahrungen mit dem 3. Weg in der Berufsausbildung in NRW.
Mit der Inkraftsetzung der VN-Konvention wurde Inklusion als gesellschaftliche Norm bekräftigt. "Gleiche Bildungschancen für alle" ist eines der wichtigsten Ziele und zugleich Voraussetzung von Inklusion. Gesellschaftliche Realität und politisches Postulat klaffen jedoch noch weit auseinander. Bildungssysteme, in denen gleiche Bildungschancen deutlich besser erreicht werden als in Deutschland, zeichnen sich durch gemeinsames Lernen, vor allem aber eine konsequente und durchgängige individuelle Förderung aus. Auch für das berufliche Bildungswesen gelte es, die Vorteile der Vielfalt zu erkennen und zu nutzen - so Manfred Kremer, Präsidemt des BIBB, in seinem Editorial.
Die Angabe von Beruf oder beruflichen Tätigkeiten ist in der sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Forschung sowie in allen Statistiken rund um den Arbeitsmarkt von großer Bedeutung. Damit können spezifische Fragestellungen zur beruflichen Mobilität, zum Fachkräftebedarf oder auch zum Ausbildungsmarkt beantwortet werden. Zentrale Voraussetzung ist jedoch eine geeignete aktuelle Berufsklassifikation. Mit der Klassifikation der Berufe 2010 (KldB 2010) wurde für Deutschland eine realitätsnahe Klassifikation entwickelt, die Art und Komplexität der beruflichen Tätigkeiten gleichermaßen erfasst.
Das Berufsbildungssystem hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Neben der dualen Berufsausbildung hat sich eine Vielzahl von berufsvorbereitenden oder teilqualifizierenden Maßnahmen etabliert, die jedoch nur für einen Teil der Jugendlichen erfolgreiche Übergänge in eine berufliche Ausbildung mit anerkanntem Abschluss bieten. Mit zahlreichen Programmen und Initiativen, die auf individueller, regionaler und auch struktureller Ebene ansetzen, wurde in den vergangenen Jahren versucht, die Effizienz des Übergangssystems zu steigern. Nun hat die Bundesregierung im September 2010 die BMBF-Initiative "Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss" gestartet.
Angesichts der Probleme vieler Jugendlicher beim Übergang Schule - Berufsausbildung wird diskutiert, wie sich das Ausbildungssystem gegenüber den Jugendlichen stärker öffnen kann. Im Rahmen eines Expertenmonitors nahmen Ende 2010 rund 500 Fachleute zu verschiedenen Reformvorschlägen Stellung. Ihre Einschätzungen werden in diesem Beitrag vorgestellt. Demnach sind in Deutschland nur jene Konzepte konsensfähig, welche die bestehenden Zugangsregeln in die Berufsausbildung unberührt lassen. Reformen, die die betriebliche Entscheidungsautonomie bei der Lehrstellenbesetzung einschränken, haben somit kaum eine Realisierungschance. Breite Zustimmung finden dagegen Neuerungen des Übergangssystems und intensivierte Unterstützungsmaßnahmen für Betriebe und Jugendliche.
Mit dem Postulat "Ausbildung für alle" wird das Ziel verfolgt, allen jungen Menschen durch eine qualifizierte Berufsausbildung eine berufliche und soziale Integration in die Gesellschaft zu ermöglichen. Die Vision inklusiver Bildung ist es, allen einen Zugang zu hochwertiger Bildung zu ermöglichen und jeden in die Lage zu versetzen, seine Potenziale zu entfalten. Im Programm der UNESCO "Bildung für alle" wird dies als ein universaler Anspruch formuliert, unabhängig von Geschlecht, sozialen und ökonomischen Voraussetzungen oder von besonderen Lernbedürfnissen eines Menschen. Welche Schritte unternommen wurden, was bislang erreicht wurde und wo weiterer Handlungsbedarf besteht, um diesem Ziel näher zu kommen, ist Gegenstand dieses Beitrags. Dabei wird der Frage nachgegangen, welchen Stellenwert das Inklusionskonzept für die Benachteiligtenförderung hat.
Die Inklusionsdebatte hält der Benachteiligtenförderung einen Spiegel vor, in dem diese sich in ihren widersprüchlichen Zielen und Funktionen abbildet. Die Forderungen nach Partizipation und Teilhabe geben Anlass, Benachteiligtenförderung kritisch zu reflektieren, weiterzuentwickeln und in eine inklusive Berufsbildung einzubringen. In der Praxis zeichnen sich erste Schritte dazu ab, die in diesem Beitrag skizziert werden.
Die Deutsche Telekom hat im Jahr 2009 begonnen, systematisch Jugendliche aus dem Kreis schwer vermittelbarer Bewerber/-innen mit Hartz-IV-Hintergrund in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit zu gewinnen und im Rahmen einer besonderen Form der Einstiegsqualifizierung (EQ) an die Ausbildung heranzuführen. Im Beitrag werden die Beweggründe für die Initiierung des Programms, seine Zielsetzung und Konzeption sowie erste Erfahrungen in der Umsetzung dargestellt.
Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt ist nach wie vor ein verbreitetes Phänomen von erheblichem Ausmaß. Dies ist nicht nur eine soziale Herausforderung, sondern auch ein wirtschaftliches Kernproblem. Denn Diskriminierung ist mit Fehlentscheidungen der Unternehmen verbunden, die Produktivität kosten und wirtschaftliche Nachteile bringen können. Internationale Erfahrungen zeigen, dass anonymisierte Bewerbungsverfahren helfen können, Diskriminierung im Bewerbungsprozess zu reduzieren. Ein Modellprojekt testet aus diesem Grund derzeit, inwieweit sich anonymisierte Bewerbungsverfahren in Deutschland umsetzen lassen und welche Effekte resultieren. Der Beitrag gibt Einblick in Hintergründe und Stand der Debatte um anonymisierte Bewerbungsverfahren und stellt das deutsche Modellprojekt vor.
In die VN-Konvention für Menschen mit Behinderungen ist vieles eingeflossen, was bereits seit Längerem politisch-gesellschaftlicher Konsens in Deutschland ist. Dafür steht der Begriff Teilhabe. In der dualen Berufsausbildung gilt mit den Instrumenten Nachteilsausgleich und Ausbildungsregelung der zuständigen Stellen ein Rechtsrahmen, der behinderte Menschen von vornherein einbezieht. Doch in der Praxis fehlt es häufig noch an der Selbstverständlichkeit, die rechtlichen Vorgaben umzusetzen. Auch ist der Prozess fortzusetzen, verbindliche Orientierungsmarken für regional erlassene Ausbildungsregelungen zu erarbeiten. Darüber hinaus sind Brückenschläge in Bereiche der Berufsbildung außerhalb des Geltungsbereichs von Berufsbildungsgesetz und Handwerksordnung zu gestalten. Der Beitrag rekapituliert Entwicklungen in der beruflichen Bildung zur verbesserten Teilhabe von Menschen mit Behinderung und erörtert, wie diesen durch die VN-Konvention neue Dynamik verliehen werden kann.
Die berufliche Rehabilitation bildet einen zentralen Baustein zur Förderung der Teilhabe behinderter Menschen. Durch den inzwischen vollzogenen Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik steht die Integration in Erwerbstätigkeit nun stärker im Vordergrund. Einen dafür förderlichen Berufsabschluss können junge Menschen mit Behinderung in einem Berufsbildungswerk erwerben. Eine solche vorwiegend außerbetriebliche Ausbildung stellt eine umfangreiche Investition dar, die zunächst mit hohen Kosten für die Gesellschaft verbunden ist. Aber diese Investition rentiert sich, wie Ergebnisse einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln belegen, die in diesem Beitrag vorgestellt werden. Eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung an einem Berufsbildungswerk (BBW) fördert zudem die gesellschaftliche Teilhabe der Absolventinnen und Absolventen. Indizien dafür sind eine hohe Erwerbstätigenquote und ein höheres Einkommen.
In Deutschland leben knapp 15 Millionen Menschen mit einer Hörbehinderung. Gerade Jugendliche dieser Gruppe haben es besonders schwer, einen Ausbildungsplatz zu erhalten und auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen - eine wichtige Voraussetzung, um sich persönlich, sozial undgesellschaftlich zu integrieren. In diesem Beitrag wird auf Grundlage von drei Fallstudien Ausbildung und Prüfung hörbehinderter Auszubildender in den anerkannten Ausbildungsberufen Industriemechaniker/-in und Zerspanungsmechaniker/-in dargestellt.
Der Inklusionsbegriff hat sich in verschiedenen Bereichen etabliert, beispielsweise in der Förderpädagogik, der Schulpädagogik, der Sozialen Arbeit, der Migrationsforschung und der Bildungssoziologie. Selbst in der Betriebswirtschafts- und Managementlehre findet man nicht zuletzt aus ökonomischer Sicht ein immer stärkeres Interesse an der Inklusion von Vielfalt. Zu fragen ist aber, ob es sich dabei nicht um 'alten Wein in neuen Schläuchen' handelt. Warum war vor einiger Zeit noch von Integration und warum ist heute vermehrt von Inklusion die Rede? Im Beitrag erfolgt eine Gegenüberstellung von Inklusions- und Integrationsbegriff und den damit verbundenen unterschiedlichen pädagogischen Handlungslogiken. Der Blick richtet sich dabei auch auf Strukturen und Mechanismen eines exklusiven deutschen Bildungswesens. Die Umsetzung einer inklusiven Pädagogik erfordert genau hier Veränderungen, die abschließend skizziert werden.
Ausbildungsberufe sind Konstrukte an der Nahtstelle zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystem. Abgeleitet aus Erwerbstätigkeiten erfüllen sie im Rahmen des Berufsprinzips ökonomische und sozialintegrative Funktionen. Die vorhandenen Konstruktionsprinzipien für Ausbildungsberufe enthalten einen großen Interpretationsspielraum. Innerhalb dieses Spielraums hat die beschleunigte Entwicklung flexibler und gestaltungsoffener Ausbildungsberufe seit Mitte der 1990er Jahre neue Strukturelemente zur Differenzierung von Ausbildungsberufen hervorgebracht, deren Anwendung und Kombinationsmöglichkeiten nicht immer konsistent erscheinen. Der Beitrag beleuchtet vorhandene Strukturierungsformen von Ausbildungsberufen im Kontext ihrer historischen Entwicklung und plädiert für eine kritische und systematisierende (Neu-) Betrachtung dieser Strukturierungsformen und ihrer Begründungen.
Das Pilotprojekt "3. Weg in der Berufsausbildung in NRW" ermöglicht durch die Kombination verschiedener Förderinstrumente aus der Benachteiligtenförderung auch jenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen eine Berufsausbildung, die zum Eintrittszeitpunkt zwar ausbildungswillig sind, aber aufgrund ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit als nicht ausbildungsfähig gelten. Die Ergebnisse des Pilotprojekts zeigen, dass ein hoher Anteil dieser Jugendlichen im "3. Weg" eine Ausbildung erfolgreich beenden konnte. Vor diesem Hintergrund werden im Beitrag Konzept und zentrale Förderinstrumente des "3. Wegs" beschrieben, um dann ausgewählte Evaluationsergebnisse vorzustellen und Handlungsempfehlungen für die weitere Entwicklung des "3. Wegs" abzuleiten.
Die Regelung des § 4 Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) schreibt vor, dass für einen anerkannten Ausbildungsberuf nur nach der Ausbildungsordnung ausgebildet werden darf. Der Folgeabsatz bestimmt, dass Jugendliche unter 18 Jahren in anderen als anerkannten Ausbildungsberufen nicht ausgebildet werden dürfen, soweit die Berufsausbildung nicht auf den Besuch weiterführender Bildungsgänge vorbereitet. Mit der Geltung dieses sogenannten Ausschließlichkeitsgrundsatzes hat die staatliche Anerkennung eines Ausbildungsberufs Folgen für die Praxis, die dort offenbar nicht auf uneingeschränkte Akzeptanz stoßen, wie ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zeigt.
Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat auf seiner Sitzung am 10. März 2011 in Bonn eine Empfehlung zum weiteren Vorgehen bei der Erarbeitung des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) verabschiedet.
Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) hat auf seiner Sitzung am 10. März 2011 die Stellungnahme zu "European Taxonomy of Skills, Competences and Occupations"(ESCO) verabschiedet.
Der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufbildung (BIBB) hat auf seiner Sitzung am 10. März 2011 in Bonn eine Gemeinsame Stellungnahme zum Entwurf des Berufsbildungsberichts 2011 verabschiedet.